Mein Leserbrief dazu. Wurde am 27.09.05 abgedruckt. Es fehlten, sicher aus Platzgründen die orange markierten Teile.
Von unserem Korrespondenten Christian Rath
Künftig gilt: Wer ein Unternehmen mit Kernkompetenzen in militärischer Produktion" an einen gebietsfremden Erwerber" verkaufen will, muss dies dem Bundeswirtschaftsministerium melden. Der Wirtschaftsminister - zur Zeit Wolfgang Clement (SPD) - kann dann binnen vier Wochen den Verkauf verbieten, soweit dies erforderlich ist, um wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten." Bisher war die Eingriffsmöglichkeit der Bundesregierung enger. Sie konnte den Verkauf eines Unternehmens nur untersagen, wenn es um Kriegswaffen" im engeren Sinne oder um Verschlüsselungstechnologien geht. Künftig soll es aber schon genügen, wenn ein Unternehmen Dieselmotoren oder Getriebe für Panzer" herstellt. So könnte auch ein möglicher MTU-Verkauf an den US-Finanzinvestor Carlyle gestoppt werden.
Die Änderung wurde am Montag vom Kabinett im Umlaufverfahren beschlossen. Morgen soll sie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und am Freitag in Kraft treten. Eine Beteiligung des Bundestags oder des Bundesrats ist nicht erforderlich.
In Wahlkampfzeiten interessiert sich die Öffentlichkeit natürlich vor allem für die Sicherung von Arbeitsplätzen am Standort Deutschland. Offiziell geht es darum aber gerade nicht, sondern nur um deutsche Sicherheitsinteressen. Der Abfluss von heiklem Know how ins Ausland soll verhindert werden. Die Übernahme eines Betriebes durch Finanzinvestoren gilt dabei als besonders bedenklich, weil diese ein Unternehmen oft schon nach wenigen Jahren weiterverkaufen und deshalb niemand weiß, wo die Blaupausen letztlich landen. Die EU hatte bisher keine Einwände gegen solche Ausnahmeklauseln zum Schutz der nationalen Sicherheit. Der EG-Vertrag erlaubt solche Klauseln sogar ausdrücklich.
2004 hatte es in Deutschland bereits eine ähnliche Diskussion gegeben. Die Politik reagierte damals auf den Verkauf der Kieler Howaldtswerke - Deutsche Werft AG (HDW) an den US-Investmentfonds One Equity Partners. Der Bundestag beschloss eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, mit der die Meldepflicht und Verbotsmöglichkeit bei einem Verkauf ins Ausland grundsätzlich eingeführt wurden.
Andere Politiker haben sich mehr darauf konzentriert, die Bemühungen anderer um die MTU- Arbeitsplätze schlecht zu machen. Unverbindliche warme Worte zeugen davon, daß die auch gar nichts unternehmen wollen, weil sie den Heuschreckenkapitalismus gegen Arbeitnehmer für richtig halten.
Trotzdem: die Änderung des Außenwirtschaftsrechts ist nur ein Notnagel. Nur in speziellen Fällen (Kombination Kernkompetenzen in militärischer Produktion- ausländischer Investor) ist die Übernahme abgewehrt.
Das wahre Problem ist, daß über ihre Arbeitsplätze nicht die Betroffenen, nämlich die Beschäftigten, sondern die Kapitalbesitzer entscheiden.
Der Fall beweist, das die von schwarz-gelb so verteufelte Mitbestimmung gar nicht existiert. Betriebsrat und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat können in existenziellen Fragen gar nicht real mitbestimmen, dieses Recht müssen sie erst noch erhalten. Das aber dringend.
Denn nur dann könnten sie die Arbeitsplätze wirksam verteidigen. Nicht nur bei MTU, nicht nur in verteidigungswichtigen Betrieben und nicht nur gegen ausländische Investoren- "Heuschrecken".